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Rathaus 2 © Rolf H. Epple Stadt Landau
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10.10.2022

Die alten Römer in Landau

Jörg Seitz ist seit gut zehn Jahren Denkmalpfleger der Stadt Landau. Kürzlich durfte er gemeinsam mit der Landesarchäologie Rheinland-Pfalz einen ganz besonderen Fund auf Landauer Gemarkung verzeichnen. Was genau dort zum Vorschein kam und welche anderen historischen Schätze es in Landau noch zu entdecken gibt, darüber hat er mit Landauer Leben-Redakteurin Lena Wind gesprochen.

Vor Kurzem wurden bei den Bauarbeiten im Zuge des B 10-Ausbaus bei Godramstein Überreste aus der späten Römerzeit gefunden. Was hat es damit auf sich?

Bei den Bauarbeiten zur künftigen B 10-Ausfahrt bei Godramstein ist ein Baggerfahrer auf Fundamente und große Steinbrocken gestoßen. Zuerst dachte man, es könne sich um eine römische Villa, also ein Wohnhaus, handeln. Doch dann konnten die Fachleute der Landesarchäologie ein Raumfundament nach dem anderen freilegen, insgesamt fünf Stück und alle von der gleichen Größe, außerdem ein Zangentor und Außenmauern mit einem Durchmesser von deutlich über zwei Metern. Alle Expertinnen und Experten, mit denen ich bisher sprechen konnte, sind sich einig, dass da ein römisches Kastell, also ein Militärlager, gestanden haben muss.

Was macht diesen Fund so besonders?

Der Fund ist sensationell, denn diese Kastelle sind schon ziemlich groß und damit eigentlich meist schon gefunden. Das letzte „neue“ Kastell in der Pfalz hat man so vor 100 Jahren gefunden. Die Bausubstanz besteht hauptsächlich aus großen Sekundärsteinen, das heißt, sie wurden nicht extra für die Errichtung dieses Gebäudes geschlagen, sondern von verlassenen Römervillen in der Umgebung herbeigekarrt. Unter anderem hat man die Figur eines Jupiter-Gigantenreiters gefunden – quasi Teil eines römischen Heiligtums. Auffällig war aber, dass Mörtelreste am Stein waren und er scheinbar falsch herum in die Mauer eingebaut gewesen sein muss. Dass man sich das getraut hat – einen heiligen Stein zu banalem Baumaterial umzufunktionieren – spricht für einen Bau in spätrömischer Zeit.

Was passiert jetzt mit der Grabungsstätte?

Die spätrömischen Ruinen wurden in den vergangenen Wochen freigelegt, vermessen, fotografiert und digitalisiert. Denn Ende des Jahres sollen hier die geplante B10-Ausfahrt und der Feldweg gebaut werden. Dazu wurde die Fundstelle jetzt wieder abgedeckt. So sind die Überreste auch gegen Frost, Wind, Regen und Sonne geschützt. Die Strukturen werden unter Denkmalschutz gestellt und der Bereich zum Grabungsschutzgebiet erklärt. So wollen wir sicherstellen, dass das Ganze erhalten bleibt und in Zukunft möglicherweise erneut freigelegt und mit neuen Methoden erschlossen werden kann. Die eigentliche Forschung beginnt jetzt an den Schreibtischen der Landesarchäologie. Dort werden in den kommenden Jahren alle erfassten Daten ausgewertet und interpretiert.

Wurden in Landau und Umgebung schon andere Zeugnisse römischer Besiedelung gefunden?

Ja, einiges. Die Region war zur Römerzeit quasi vollbesiedelt. Vor rund 120 Jahren hat man etwa in der heutigen Eichbornstraße ein Gräberfeld mit römischen, elbgermanischen und römisch-germanischen Gräbern gefunden. Und wo ein Friedhof ist, befindet sich in der Regel auch eine Siedlung. Am Queichübergang in der Marktstraße wurden Reste einer Brücke gefunden, die möglicherweise von den Römern stammen könnte, denn dort lagen auch römische Münzen. Und in den Stadtdörfern Nußdorf und Godramstein sind in den Kirchengebäuden römische Göttersteine verbaut.

Als städtischer Denkmalpfleger sind Sie aber nicht nur für Funde aus der Römerzeit zuständig. Was sind denn die Aufgaben eines Stadtdenkmalpflegers?

Das ist ein weites Feld. Grob vereinfacht besteht mein Job aus Denkmalschutz, Denkmalpflege und Denkmalzielplanung. Beim Denkmalschutz geht es hauptsächlich darum, Bauherrinnen und Bauherren beim Umbau und der Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden zu beraten und ihre Vorhaben mit dem Denkmalschutz zu vereinen. Die Denkmalpflege beinhaltet die Erforschung und Beschreibung der historischen Bausubstanz und der Strukturen der Stadt. Dann gibt es wie gesagt noch die Denkmalzielplanung. Dabei geht es darum, den Unterhalt von Denkmälern sicherzustellen. Dazu entwickeln wir auch Pflegepläne, beispielsweise gibt es für das Fort einen 25-Jahre-Pflegeplan, der u.a. die Sanierung der Festungsmauern und den Wiederaufbau der Brücke zum Nußdorfer Tor beinhaltet.

Nicht jeder alte Stein ist gleich ein Denkmal: Wie wird etwas zum Denkmal?

Oft, in dem jemand fragt: Ist das nicht ein Denkmal? Aber Spaß beiseite, tatsächlich kommen oft Eigentümerinnen und Eigentümer oder deren Bekannte mit ihren Beobachtungen auf uns bzw. die Landesdenkmalpflege zu. Viele historische Zeugnisse sind nämlich in den Landauer Wohnhäusern versteckt und da können wir sie natürlich nicht entdecken. Die Landesdenkmalpfleger schauen sich das dann an und bestimmen über den Status als Denkmal. Der lohnt sich steuerlich; Denkmaleigentümerin bzw. -eigentümer sein, ist beliebt.

Gelegentlich sind Denkmäler ja aber auch Ausgangspunkt für Konflikte. Beispielsweise bei Bauprojekten. Welche Fragestellungen gibt es da abzuwägen und warum macht es überhaupt Sinn, etwas unter Denkmalschutz zu stellen?

Das Denkmalschutzgesetz stammt aus den 1970er Jahren. Es ist das nicht sehr perfekte Vehikel, um bedeutsame Elemente für die Nachwelt zu bewahren. Bei den von Ihnen angesprochenen Bauprojekten müssen wir darum immer private Belange gegen öffentliche abwägen. Die Privatleute möchten das Denkmal für ihre Zwecke nutzen, die Öffentlichkeit das Denkmal bestmöglich erhalten. Beide Anliegen sind legitim und in den allermeisten Fällen finden wir entsprechende Varianten, um beides unter einen Hut zu bringen. Wichtig ist dabei, möglichst frühzeitig, also am besten vor der Antragsstellung, mit den Bauwilligen ins Gespräch zu kommen. Das erspart allen im weiteren Prozess viel Arbeit und Frust.

Was sind Landaus bedeutendste Denkmäler und was verraten sie uns über die Geschichte der Stadt?

Wenn ich einzelne Denkmäler rausgreifen soll, dann würde ich das Haus zum Maulbeerbaum nennen. Es ist sicher eines der geschichtsträchtigsten Gebäude der Stadt. Denn dort hat die Ritterschaft vor 500 Jahren, wenn auch unwissentlich, mit dem Landauer Ritterbund ihr eigenes Ende beschlossen und damit in gewisser Weise auch das Ende des Mittelalters mit eingeläutet. Es ist etwas Besonderes, dass man das Ende einer Epoche so direkt mit einem bestimmten Ereignis bzw. sogar einem konkreten Datum in Verbindung bringen kann. Dann ist auf jeden Fall noch der Stiftskirchenturm als Symbol der freien Reichsstadt Landau erwähnenswert. Was viele heute nicht mehr wissen, ist, dass der Turm immer der Bürgerschaft gehört hat und noch heute im Besitz der Stadt ist. Er wurde nicht nur als Glockenturm gebaut, sondern als größter von 26 Wachtürmen.

Und dann gibt es ja noch das größte Landauer Denkmal: die Festung. Oder?

Ja, die Vaubansche Festung ist quasi das Bindeglied der Stadtgeschichte. Leider war man beim Abriss der Festung für meinen Geschmack etwas zu energisch. Hätte man das ein oder andere Festungswerk mehr stehen lassen, wäre die Festung heute Weltkulturerbe. 

Schade, aber vieles ist in Landau ja auch erhalten geblieben. Was ist denn Ihr liebstes Denkmal?

Mein Job ist es ja, sie alle gleich lieb zu haben. Aber ich suche mir „Denkmäler des Monats“, bei denen es spannend ist, sich mit ihnen näher zu beschäftigen. Gerade ist es der Albersweiler Kanal zwischen Albersweiler und Landau, eine geniale Ingenieursleistung des 17. Jahrhunderts, die wir als solche noch gar nicht auf dem Schirm hatten. Dazu werden wir demnächst Führungen anbieten.

Vielen Dank für den spannenden Einblick in Ihre Arbeit, Herr Seitz. Verraten Sie und doch noch zum Schluss: Woher kommt Ihre Faszination für Denkmäler?

Als ich ein Kind war, stand in unserer Nachbarschaft auf dem Grundstück, wo heute der Neubau der Verbandsgemeinde Landau-Land steht, eine alte Villa. Damals gab es ein großes Bürgerbegehren, um dieses Gebäude zu erhalten. Auch wenn es letztlich nicht erfolgreich war, hat mich dieser Einsatz so vieler für das Gebäude beeindruckt und mein Interesse geweckt. In der vierten Klasse haben wir in der Grundschule außerdem die Landauer Stadtgeschichte behandelt. Da habe ich Landau und die alten Häuser auf meinem Schulweg erstmals mit anderen Augen gesehen.

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