Hilfsnavigation
Zum Aktivieren des Google-Übersetzers bitte klicken. Wir möchten darauf hinweisen, dass nach der Aktivierung Daten an Google übermittelt werden.
Mehr Informationen zum Datenschutz
Rathaus 2 © Rolf H. Epple Stadt Landau
Seiteninhalt
26.01.2022

Fast »keine Sau interessiert sich für« bedrohte Schweine ... bisher ...

  • Zootier des Jahres 2022 ist: Das „Pustelschwein“
  • Rheinland-pfälzische Staatsministerin Katrin Eder wirbt als Schirmherrin für den Erhalt der seltenen Wildtiere

Aus manch‘ menschlicher Sicht sind Pustelschweine nicht unbedingt Schönheiten. Ihren Namen verdanken sie drei Paar warzen- oder pustelartigen Schwellungen im Gesicht, die bei älteren Ebern zum sehr prägnanten Aussehen beitragen. Doch auch sonst haben es die sieben in Südostasien beheimateten Pustelschweinarten nicht leicht. Ihr Status in der Roten Liste reicht von „gefährdet“ über „von der Ausrottung bedroht“ bis hin zu bereits „ausgerottet“. In Gebieten, in denen wilde Schweinearten natürlicherweise vorkommen, sind diese großen, allesfressenden Landschaftsingenieure ökologische Schlüsselarten. Durch ihr Fress- und Wühlverhalten, aber auch als Beutetiere haben Schweine wesentliche Funktionen in Ökosystemen.

„Viele wildlebende südasiatische Schweinearten, darunter mehrere Pustelschweinarten, sind durch den Verlust ihres Lebensraumes bedroht, welcher durch illegalen bzw. massiven kommerziellen Holzeinschlag und Ausbreitung landwirtschaftlich genutzter Flächen verursacht wird,“ erklärt die Koordinatorin der Zootier des Jahres-Kampagne Tierärztin Dr. Viktoria Michel zur offiziellen Vorstellung am 26.01.2022 im Zoo Landau in der Pfalz. Ihre Restbestände sind daher stark fragmentiert. Die genetische Vermischung mit Hausschweinen bzw. eurasischen Wildschweinen, stellt ein weiteres Problem dar. Weil die Tiere Ernteschäden verursachen können, werden sie deshalb, und in einigen Regionen auch zudem noch zum Fleischerwerb, sehr stark bejagt. Auch für ein anderes äußerst martialisches und blutiges Geschäft werden Pustelschweine lebend gefangen. Für Wetten oder zur Unterhaltung des Publikums werden in Arenen Hunde auf sie gehetzt.

Aktuell kommt noch eine weitere große Bedrohung für die Pustelschweine hinzu - die „Afrikanische Schweinepest (ASP)“. Hierbei handelt es sich um eine hochansteckende Viruserkrankung, die sich schnell ausbreiten kann. Für Menschen ist das Virus ungefährlich, doch für Schweine endet es meist tödlich. Insbesondere für Pustelschweinarten, die nur in sehr begrenzten Gebieten, z.B. auf kleineren Inseln leben, kann die Seuche in kurzer Zeit zur kompletten Ausrottung des Bestandes führen. „Aufgrund der sich ausbreitenden Afrikanischen Schweinepest und der weiteren Gefährdungen ist es höchste Zeit zu handeln, bevor es für die asiatischen Pustelschweine zu spät ist“, sagt Tierarzt Dr. Sven Hammer, Vorsitzender des Verbandes der Zootierärzte (VZT).

Während der von der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz (ZGAP) initiierten Zootier des Jahres-Kampagne werden finanzielle Mittel gesammelt, um schnellstmöglich Maßnahmen zum Schutz der bedrohten Pustelschweinarten zu unterstützen. So soll etwa in einer Erhaltungszuchtstation auf der indonesischen Insel Java eine Reservepopulation von Bawean-Pustelschweinen aufgebaut werden. Ihr natürlicher Lebensraum beschränkt sich auf die nur 15 Quadratkilometer kleine Insel Bawean. Auch für die inzwischen seltenen Java-Pustelschweine und das gefährdete philippinische Visayas-Pustelschwein gibt es bereits Schutzkonzepte, deren zeitnahe Umsetzung durch die Zootier des Jahres-Artenschutzkampagne ermöglicht werden sollen.

Die rheinland-pfälzische Klimaschutz- und Umweltministerin Katrin Eder übernimmt in diesem Jahr die Schirmherrschaft für das Zootier des Jahres, mit dessen Nominierung die ZGAP für die Rettung der hochbedrohten Pustelschweine wirbt. „Gerade kleine Inselbestände sind akut bedroht. Umso wichtiger werden die Bemühungen der Zoologischen Gärten, Exemplare bedrohter Arten zu pflegen und zu züchten, um auf diese Reservepopulation zurückgreifen zu können“, sagt Staatsministerin Eder. „Der globale Artenschutz wird gestärkt, wenn die Schutzmaßnahmen in den Ursprungsgebieten, in denen die jeweiligen Tiere bedroht sind, noch stärker mit der Arbeit in unseren Zoos verknüpft werden.“

Akteure im Artenschutz äußern sich zunehmend besorgt, dass der Verlust asiatischer Wildschweinarten auch Auswirkungen auf die fragilen ökologischen Gemeinschaften haben wird, indem bereits ebenfalls gefährdeten Beutegreifern eine lebenswichtige Nahrungsquelle entzogen wird. Denn die Schweine spielen nicht nur eine Rolle bei der Proteinversorgung für viele Menschen, sondern eben auch für Fleischfresser wie Leoparden oder Wildhunde.

Neben der Umsetzung von direkten Schutzmaßnahmen in den Ursprungsgebieten der Pustelschweine, möchte die Zootier des Jahres-Kampagne 2022 allerdings auch auf die prekäre Lage von Schweinen in Europäischen Zoos aufmerksam machen. Bereits jetzt ist die Situation durch die sich auch bei uns ausbreitende ASP in einigen Zoologischen Gärten angespannt. In einzelnen Zoos wurde bereits eine langfristige Stallpflicht für Schweine angeordnet. Manche Zoos sehen sich damit konfrontiert, ggf. auf die Nachzucht sogar seltenster Schweinearten zu verzichten, weil vor dem Hintergrund tierseuchenrechtlicher Auflagen der erforderliche Austausch mit anderen Zoos nicht vollzogen werden kann. „Wir müssen mit den Behörden und Forschungsinstitutionen zusammen zeitnah weiter nach praktikablen Lösungen suchen, damit die für die Arterhaltung so wertvollen und unwiederbringlichen Zuchtbestände keinen radikalen Maßnahmen zum Opfer fallen“, sagt der Direktor und Tierarzt des Landauer Zoos und Vorsitzende der ZGAP, Dr. Jens-Ove Heckel.

Über die Zootier des Jahres-Kampagnenpartner:

Die „Zootier des Jahres“-Artenschutzkampagne wurde 2016 mit dem Ziel ins Leben gerufen, sich für gefährdete Tierarten einzusetzen, deren Bedrohung bisher kaum bewusst ist und die bisher nicht im Blick der Öffentlichkeit stehen. So werden für den Titel „Zootier des Jahres“ Tierarten ausgewählt, die teils kurz vor der Ausrottung stehen, jedoch bisher keine oder eine nur sehr geringe Lobby haben und auch oft nicht im Fokus anderer Naturschutzorganisationen stehen.

Vier im Artenschutz sehr aktive Partner bündeln ihre Kräfte. Zusammen mit der Zoologischen Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V. (ZGAP), arbeiten die Einrichtungen und Mitglieder der Deutschen Tierpark-Gesellschaft e.V. (DTG), des Verbandes der Zoologischen Gärten e.V. (VdZ) und der Gemeinschaft der Zooförderer e.V. (GdZ) eng im Rahmen der Kampagnen zusammen. Mehr Informationen unter www.zootierdesjahres.de

zurück nach oben drucken