Eine Stadt feiert: Vor 750 Jahren, am 30. Mai 1274, erhielt die Stadt Landau aus den Händen des damaligen Königs Rudolf I. die Rechte einer Stadt. Ein ungemein wichtiger Meilenstein, den das Landauer Stadtarchiv zum Anlass für eine historische Zeitreise nimmt. Stadtarchivarin Christine Kohl-Langer und ihre Mitarbeitenden stellen jede Woche eine von insgesamt 52 Biografien von Landauerinnen und Landauern vor und werfen so spannende Schlaglichter auf 750 Jahre Stadtgeschichte, vom Mittelalter bis in die Neuzeit. Heute: Thomas Nast.
Er hätte sicher gegen Trump und dessen Politikstil gezeichnet, der Begründer der politischen Karikatur in den USA und gebürtige Landauer Thomas Nast.
Thomas Nast wird am 27. September 1840 in bescheidenen Verhältnissen in der Festungs- und Garnisonsstadt Landau als Sohn eines bayerischen Militärmusikers geboren. Wie viele andere Pfälzer wagt die Familie 1846 einen Neubeginn und wandert in die USA aus. Dabei hatten die Auswanderer nichts im Gepäck außer wenigen Habseligkeiten, einem zähen Überlebenswillen und der großen Hoffnung auf ein besseres Leben in der Neuen Welt.
Vor allem die „Palatines“, für lange Zeit das Synonym für alle ausgewanderten Deutschen, zogen nach Westen. Über 150.000 Menschen verließen aus wirtschaftlichen und politischen Gründen die Pfalz und träumten den „amerikanischen Traum“ von Wohlstand und Erfolg.
Ein New Yorker Verleger entdeckt das zeichnerische Talent des erst 15-jährigen jungen Mannes und verhilft ihm zu einer erstaunlichen Karriere: Thomas Nast wird zu dem bekanntesten amerikanischen Karikaturisten des 19. Jahrhunderts. Seine Interpretationen der politischen Verhältnisse beeinflussen die Wahl von Präsidenten und leben in vielen amerikanischen Symbolen fort. Jahrzehnte arbeitet er für die Wochenzeitschrift Harper’s Weekly, danach versucht er sich selbst als Zeitungsverleger. Doch seine Erfolgsjahre enden, und er gerät in finanzielle Schwierigkeiten. Präsident Theodore Roosevelt schätzt seinen politischen Intellekt und bietet ihm einen Posten als Generalkonsul in Ecuador an. Nur wenige Monate im Amt, stirbt Thomas Nast dort am 7. Dezember 1902 an Gelbfieber.
Über Jahrzehnte galt Thomas Nast als der einflussreichste amerikanische Bildjournalist, der zeitgenössische Ereignisse mit gezielter Symbolik in Szene setzen konnte. Wenn er uns heute so aktuell und gegenwärtig erscheint, so liegt dies vor allem an seiner geschliffenen Bildsprache. Die Figur des Uncle Sam oder der Columbia, auch heute sind diese Symbolisierungen aus der amerikanischen Politik nicht mehr wegzudenken. Der demokratische Esel und der republikanische Elefant, das sind die Parteisymbole, die ihre Popularität Thomas Nast verdanken. Auch im Präsidentschaftswahlkampf 2024 werden sie präsent und kaum wegzudenken sein.
Dennoch, dass uns manche seiner Karikaturen geradezu frappierend an derzeitige politische Ereignisse und Entscheidungen in den USA erinnern, liegt auch an den heutigen Umständen: Spätestens die Präsidentschaft Donald Trumps offenbarte die Schwächen des amerikanischen Regierungssystems. Schwächen, die bereits im 19. Jahrhundert offen zu Tage traten und die Thomas Nast in seinen Karikaturen unnachsichtig illustrierte und interpretierte und die damit eine neue Aktualität erhalten: Zum Beispiel die Frage nach der Zukunft der großen Parteien in den USA, vor allem der Republikaner, die sich nach anfänglich offener Ablehnung und Skepsis hinter Donald Trump mehrheitlich versammelten und die Schwächen des amerikanischen Regierungssystems einmal mehr offenbaren.
Der Kampf mit dem Zeichenstift für ein demokratisches Amerika ließ Thomas Nast nicht ruhen. In den 1870er-Jahren stieß er auf die größte Herausforderung seiner Karriere, den Kampf gegen Korruption und Machtgier in der Politik. Sein besonderes Interesse galt William Marcy Tweed. Es war vor allem der Veröffentlichungen von „HarpWeek“ und Thomas Nast zu verdanken, dass dessen System der Korruption und politischen Willkür gestürzt wurde.