Alle Kunstinteressierten kennen sie: die Villa Streccius, im Südring 20, die vor allem im Frühjahr mit ihren blühenden Magnolienbäumen an der Prachtseite des Gebäudes sich besonders schön präsentiert.
Ihr Bauherr war der Notar Heinrich Streccius, der sich entlang der Ringstraße ein ebenso teures wie ausgefallenes Bauensemble vom damaligen Stararchitekten Ludwig Levy bauen ließ. Der Bauherr war vermögend, Jurist und Notar, der von 1891 bis 1899 in Landau urkundete. Geboren wurde Streccius am 25. Juli 1845 in Annweiler als Sohn eines Apothekers. Ab 1864 studierte er in Würzburg Rechtswissenschaften und trat 1874 seine erste Stelle als Amtsverweser in Speyer an. Ein Jahr später kehrte er dann in die südpfälzische Heimat, zunächst nach Annweiler, zurück. Nun führte er in Annweiler und Landau ein Notariat, bevor er um die Jahrhundertwende in ein neues Geschäfts- und Privatdomizil in exponierter Lage in der entfestigten Stadt investierte. „Echte Hölzer, Marmor und Kunstschmiedearbeiten“ sorgten dabei für ein gediegenes Innere. Auch technisch war man auf der Höhe der Zeit mit einer Niederdruckheizung und separaten Angestelltentoiletten.
Hier lebte und arbeitete nun Heinrich Streccius mit seiner Ehefrau und den beiden Töchtern.
Im Erdgeschoss befand sich zum Südring hin ein sogenanntes „Gehülfenbüro“ und das Arbeitszimmer des Hausherrn, unter dessen Zimmer lagerte übrigens der Wein. Im danebenliegenden Frühstücks- und Balkonzimmer mit Blick auf den hauseigenen Springbrunnen nahm man die frühen Mahlzeiten zu sich, die in der Küche im ersten Stock zubereitet wurden. Das klingt umständlich, aber das musste die Dame des Hauses nicht kümmern, in der Küche regierte eine Köchin und zahlreiche Dienstmädchen standen ihr hilfreich zur Seite. 1904 ließ Streccius im Rücken seiner prächtigen Villa einen „Pferdestall mit Wagenremise“ erbauen, heute das Domizil der kuk-Malwerkstatt.
So war man bestens gerüstet, als 1911 Kronprinz Ludwig von Bayern, der spätere bayerische König Ludwig III., nebst Gefolge in der Villa weilt und drei Tage seine pfälzischen Landsleute besucht. Heute erinnert im Eingangsbereich der Villa noch eine Büste an den Wittelsbacher.
Im Juni 1919 verlässt Heinrich Streccius Landau. Mittlerweile ist er 74 Jahre alt und Pensionär. Zunächst will er nur vorübergehend in der bayerischen Idylle in Hohenschwangau, in der Heimat seines inzwischen abgedankten königlichen Gastes, wohnen. Als jedoch am 14. Oktober die französische Besatzungsmacht seine Villa in Landau für die Generalität requiriert, bleibt er notgedrungen. Nun lebt er in Hohenschwangau mit Blick auf die Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau. Heinrich Streccius stirbt am 7. Juli 1931, kurz vor seinem 86. Geburtstag. Übrigens: Auch Heinrich Streccius hatte ein Faible für Bayerns heimliches Wappentier, den Schwan: Auf seinem aufwändig gestalteten Schlitten, mit dem man im Winter zu Pferd die verschneiten Ringstraßen entlangfahren konnte, wacht ein großer weißer Schwan.