Wie wird die Medienlandschaft der Zukunft aussehen? Mit dieser Frage beschäftigen sich vor dem Hintergrund einer sich schnell wandelnden Gesellschaft derzeit Politik, Bürgerschaft und auch die Medien selbst intensiv. Landaus Oberbürgermeister Thomas Hirsch hatte erstmals im Sommer dieses Jahres bei den Südwestdeutschen Medientagen eine staatliche Förderung für den Lokaljournalismus angeregt und erneuert diesen Appell nun. Er steht dem jüngsten Vorschlag des Bad Kissinger Oberbürgermeisters Dirk Vogel offen gegenüber, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkbeitrag teilweise umzuwidmen. Gleichzeitig lehnt er Vorstöße ab, den Rundfunkbeitrag wie in Frankreich abzuschaffen oder einzufrieren. „Gerade in schwierigen Zeiten brauchen wir einen guten, ausgewogenen und konstruktiven Journalismus“, so Hirsch.
Vogel hatte in einem Gastbeitrag im Magazin KOMMUNAL gemeinsam mit dem Trend- und Zukunftsforscher Daniel Dettling angeregt, den Rundfunkbeitrag umzuwidmen und diesen in Teilen für die lokale und regionale Presse zu verwenden, sobald eine Unterversorgung festgestellt werde. Gleichzeitig schlagen beide vor, digitale Werbeplattformen wie Facebook und Google zu einer Abgabe zu verpflichten, die ebenfalls dem Lokaljournalismus zugutekommen soll. Aus Landau kommt für diese Gedankenspiele grundsätzliche Zustimmung.
Denn: „Die klassische Medienlandschaft ist im Umbruch und hat mit sinkenden Auflagen und den Herausforderungen durch die Digitalisierung zu kämpfen“, betont OB Hirsch. „Gerade angesichts des zunehmenden Überangebots an ungefilterten Informationen und Nachrichten, die im Netz auf uns einprasseln, braucht es aber jemanden, der versteht, einordnet, Orientierung vermittelt – und nachfragt. Diese Aufgabe erfüllt der Lokaljournalismus. Er ist wichtig für die Städte und Gemeinden, für die Menschen, die in ihnen leben, für die Vereine und für die gesamte Gesellschaft.“ Es sei einfach, immer nur einzelne Entscheidungen oder auch grundsätzliche Ausrichtungen zu kritisieren, sei es bei den Öffentlich-Rechtlichen oder der lokalen Presse, so Hirsch weiter – unterm Strich sei guter, freier und objektiver Journalismus aber unersetzbar und ein Grundpfeiler unserer Demokratie.
Hirsch kündigt auch an, das Thema in den Mittelpunkt der Verleihung des Thomas-Nast-Preises an Karikaturist Til Mette am 9. Dezember dieses Jahres stellen zu wollen. Erst kürzlich ist beim Evangelischen Pressedienst außerdem die Dokumentation der Südwestdeutschen Medientage 2022 erschienen. Die Tagung in Landau wurde von der Evangelischen Akademie der Pfalz in Zusammenarbeit mit DIE RHEINPFALZ, dem Mannheimer Morgen, dem Frank-Loeb-Institut, der Landeszentrale für politische Bildung und dem Deutschen Journalistenverband Rheinland-Pfalz veranstaltet und stand unter dem provokanten Motto „Wir brauchen die nicht mehr! Direktkommunikation vs. Freie Presse?“.
In Hirschs Meinungsbeitrag zu den Südwestdeutschen Medientagen heißt es u.a.: „Dem guten und ausgewogenen Journalismus kommt eine große Verantwortung zu. Und nicht nur »dem Journalismus«, sondern: Auch Verlage haben die Verantwortung, Redaktionen angemessen personell und finanziell auszustatten; das gilt umso mehr für den Lokaljournalismus und ganz besonders bei Monopolsituationen, wenn es vor Ort also nur eine Zeitung gibt. Und auch in den Redaktionen muss man sich der besonderen Verantwortung, die mit dem »treuhänderischen Umgang« mit der Nachrichtenfülle einhergeht, bewusst sein. […] Ich möchte an dieser Stelle anregen, über ein Mehr an staatlicher Förderung für den Journalismus nachzudenken. Genau wie die öffentlich-rechtlichen Rundfunk-Programme gefördert werden, ist es dabei aus meiner Sicht eine Überlegung wert, perspektivisch gerade den Lokaljournalismus zu unterstützen, damit er seinem wichtigen Auftrag nachkommen kann: objektiv und fair zu berichten über die Themen vor Ort.“