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Rathaus 2 © Rolf H. Epple Stadt Landau
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19.05.2021

Retten, Löschen, Bergen, Schützen in Zeiten von Corona: Interview mit Landaus Feuerwehr-Chef Hargesheimer

Die Corona-Pandemie hat unser aller Leben in einem Maße verändert, das wir nie für möglich gehalten hätten. Auch die Freiwillige Feuerwehr Landau sieht sich mit völlig neuen Herausforderungen konfrontiert. Corona-bedingt mussten Hygienekonzepte erstellt, das kameradschaftliche Miteinander zurückgefahren und der Übungsdienst zum Großteil auf digitale Formate umgestellt werden. Trotzdem: „Wie haben es bislang sehr gut durch die Pandemie geschafft“, sagt Brand- und Katastrophenschutzinspekteur Dirk Hargesheimer. Wir haben mit Landaus Feuerwehrchef über Retten, Löschen, Bergen, Schützen in Pandemie-Zeiten gesprochen.

Herr Hargesheimer, vor ein paar Monaten hätten wir uns noch mit dem Stadtfeuerwehrinspekteur unterhalten, jetzt reden wir mit dem Brand- und Katastrophenschutzinspekteur. Wie kommt das?

Das hat tatsächlich rein formale Gründe. Das Brand- und Katastrophenschutzgesetz in Rheinland-Pfalz wurde im vergangenen Jahr überarbeitet. Mit der Einführung der neuen Bezeichnung sind sowohl die Stadt- als auch die Kreisfeuerwehrinspekteure Geschichte. Und mit der einheitlichen Bezeichnung Brand- und Katastrophenschutzinspekteur soll die Zuständigkeit der Inspekteure in unserem Land verdeutlicht werden, die ja nicht beim Alltagsgeschäft der Feuerwehren endet, sondern darüber hinaus auch den Katastrophenschutz betrifft. Ich muss mich nach fast 16 Jahren als SFI aber zugebenermaßen auch noch an den neuen Titel gewöhnen. (lacht)

Ob SFI oder BKI: Die Pandemie hat auch Ihre Arbeit und die der gesamten Feuerwehr ganz stark verändert. Was ist neu?

Die Feuerwehr lebt ja von Kameradschaft und Zusammengehörigkeit – und damit diese Werte gelebt werden können, ist es sehr wichtig, sich regelmäßig zu treffen und sich auszutauschen. Seit Beginn der Pandemie ist das sehr schwer geworden. Aber wir müssen als sogenannte systemrelevante Organisation darauf achten, dass unsere Feuerwehr für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt auch weiter funktioniert. Deshalb finden unsere Ausbildungen, unsere Übungsabende und unsere Treffen nicht mehr wie gewohnt analog, sondern nur noch digital statt.

Digital üben und digital ausbilden, wie läuft das ab?

Wir mussten uns da auch erst einmal rantasten. Zu Beginn der Pandemie erstellten zunächst immer zwei bis drei Kameradinnen und Kameraden Ausbildungsvideos, die für alle auf einer Online-Plattform zur Verfügung gestellt wurden. Später bauten wir das dann aus. Als die Stadt Landau das Hilfspaket „Miteinander in Landau“ ins Leben rief, um das Ehrenamt zu unterstützen, bewarben wir uns und schafften mit den Geldern die notwendige Technik zur digitalen Ausbildung an. Seitdem führen wir nahezu jeden Mittwoch digitale Übungsabende durch. Aus der Feuerwache spricht der Ausbilder zu den Kameradinnen und Kameraden an den Bildschirmen zu Hause und vermittelt auf diesem Weg das Fachwissen. Natürlich ersetzt diese Ausbildung nicht das kameradschaftliche Miteinander in der Präsenz, aber auch das versuchen wir in gemütlichen Runden online zu leben.

Ist das vielleicht auch etwas, das man positiv aus der Pandemie mitnehmen kann?

Auf jeden Fall. Wir werden auch nach der Pandemie diese Art der Ausbildung weiterführen – natürlich nicht ausschließlich, aber eben begleitend. Auch zur Entlastung des Ehrenamts.

Wie viele ehrenamtliche Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner gibt es in Landau?

Insgesamt zählt die Freiwillige Feuerwehr Landau 358 Mitglieder, darunter auch unsere Alterskameraden und die Kids in unseren Jugend- und Bambini-Feuerwehren. Aktive Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner haben wir rund 230. Es ist schön zu sehen, dass die Feuerwehr trotz der Krise lebt und dass es uns gelungen ist, die Mitglieder „bei der Stange zu halten“.

Aus dem Feuerwehrbedarfsplan, der kürzlich vorgestellt wurde, wird deutlich, mit welchen Herausforderungen die Feuerwehr zu kämpfen hat…

Das ist richtig. Schon seit Jahren wird es für alle freiwilligen Feuerwehren in ganz Deutschland immer schwerer, die sogenannte Tageseinsatzsicherheit sicherzustellen – also, dass tagsüber ausreichend ehrenamtliche Feuerwehrleute erreichbar und vor Ort sind, die von ihrem Arbeitgeber für Einsätze freigestellt werden. In Landau sind wir, was das angeht, noch recht gut aufgestellt; dazu kommen verschiedene Maßnahmen, die wir bereits ergriffen haben oder noch ergreifen werden. So bilden wir in den Stadtdörfern sogenannte Ausrückegemeinschaften aus zwei Stadtdorfwehren, haben Vereinbarungen mit den benachbarten Wehren aus dem Landkreis Südliche Weinstraße getroffen und wollen einen zusätzlichen Feuerwehrstandort in Queichheim schaffen, um den Osten unserer Stadt noch besser abdecken zu können.

Dazu kommen dann noch die aktuellen Herausforderungen der Pandemie…

Ja, langweilig wird es uns nicht. (lacht) Gerade zu Beginn der Pandemie war die Feuerwehr sehr stark gefordert, mit der Einrichtung eines Behelfskrankenhauses, dem Materialtransport für die Teststationen und der Unterstützung des Krisenstabs von Stadt und Kreis. Darüber hinaus läuft die ganze Zeit der „reguläre“ Dienstbetrieb unserer Feuerwehr weiter und als Brand- und Katastrophenschutzinspekteur war es mir und meinem Stellvertreter Michael Bumb wichtig, ein Konzept zu erstellen, wie wir Einsätze bewältigen und abarbeiten können, ohne unsere Einsatzkräfte, aber auch die Bevölkerung der Gefahr durch Covid-19 auszusetzen.

Wie sieht dieses Konzept aus?

Es geht vor allem darum, unsere Einsatzkräfte zu schützen. Das geht nur, indem wir den Kontakt untereinander einschränken. Wie schon gesagt, finden unsere Übungs- und Ausbildungsangebote nur noch digital statt, aber auch im Einsatz befolgen wir strenge Regeln. Die wichtigsten: Wir durchmischen keine Einheiten, wir dokumentieren alle Kontakte und wir besetzen unsere Fahrzeuge nicht mehr voll, sondern schicken lieber mehr Autos mit weniger „Insassen“ raus.

Ist es eigentlich ruhiger geworden seit Beginn der Pandemie, weil es zum Beispiel weniger Unfälle gibt?

Das macht sich schon bemerkbar, auch, dass die Menschen mehr zuhause sind und beispielsweise Entstehungsbrände schneller bemerken und vielleicht selbst löschen können. Im vergangenen Jahr hatten wir weniger Einsätze als in den Jahren davor – aber immer noch sehr, sehr viele. 2020 waren es 357 Einsätze mit 5.173 Einsatzstunden; 2021 stehen wir bislang bei deutlich über 100 Einsätzen.

Und die Sommermonate kommen erst noch…

Ja, das ist meist die Zeit, in der die Einsatzzahlen noch einmal nach oben gehen. Unseren ersten Flächenbrand in diesem Jahr hatten wir ja aber leider schon – ausgerechnet im Naturschutzgebiet Ebenberg. In Wald und Flur ist es wirklich ganz wichtig, dass man kein offenes Feuer entzündet und auch keine Zigarettenkippe wegwirft. Wir merken, dass die Zahl an Flächenbränden seit 2016 immer weiter steigt, was sicherlich mit dem Klimawandel zu tun hat. Es wird einfach immer heißer und trockener, da reicht dann schon ein winziger Funken. Das ist wirklich ein Appell von uns: Bitte grillt nur auf ausgewiesenen Grillplätzen und haltet euch an die Regeln. Sonst wird es ganz schnell gefährlich.

Gibt es eigentlich auch schöne Einsätze, die Sie mit einem Lächeln nach Hause gehen lassen?

Nun, jeder größere Einsatz ist erst einmal aufregend und anstrengend. Schön ist es, wenn die Menschen danach danke sagen oder vielleicht sogar einen Brief schreiben oder sich sonst wie bei uns melden. Das zaubert uns immer ein Lächeln aufs Gesicht.

Ist das auch der Grund, warum Sie sich den Job seit 16 Jahren „antun“?

Sicherlich auch! #MenschenHelfen ist ja das Motto unserer Feuerwehr und das habe ich immer gerne getan. Es ist mir aber auch eine Ehre, mit solch tollen Kameradinnen und Kameraden zusammenarbeiten zu dürfen. Insgesamt bin ich seit mehr als 40 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr Landau aktiv, 16 Jahre davon als Stadtfeuerwehrinspekteur bzw. jetzt ja Brand- und Katastrophenschutzinspekteur. Und ich glaube schon, dass sich in dieser Zeit ganz schön was bewegt hat. c Die Ausbildung ist top. Darauf bin ich schon ein bisschen stolz – und meinen Kameradinnen und Kameraden sehr dankbar.

Wie halten Sie Ihre Truppe in dieser schwierigen Zeit bei Laune?

Auch dabei kann ich zum Glück auf die Unterstützung meiner Führungskräfte zählen. Gemeinsam sind wir überzeugt, dass die Krise nicht nur Schlechtes mit sich bringt, sondern dass wir sie auch als Chance begreifen müssen – etwa um einen Schub für die digitale Ausbildung mitzunehmen. In der Krise haben wir in der Feuerwehr noch einmal so richtig gelernt, wie wichtig Kameradschaft und ein gutes Miteinander sind. Man trifft sich nicht mehr so oft oder sieht sich nur noch auf dem Bildschirm, aber der Zusammenhalt ist trotzdem da. Das freut mich. Naja, und wir versuchen halt, das Beste aus der Situation zu machen. Wir tauschen uns online aus, auch unsere Sportgruppe trifft sich weiter online zum spielerischen Wettbewerb, jüngst etwa beim STADTRADELN… Und manchmal gibt es für die Führungskräfte sogar eine kleine Aufmunterung vom BKI in Form von einer Tafel Schokolade, auf der steht: „Schokolade löst keine Probleme, aber das tut ein Apfel ja auch nicht. Noch ein bisschen müssen wir durchhalten.“

Ein schönes Schlusswort. Herr Hargesheimer, wir danken Ihnen für dieses Gespräch und wünschen Ihnen und Ihrer Truppe weiter alles Gute!

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