Blitze sind ein Naturphänomen, das die Menschen von jeher fasziniert hat. Das Preisträger-Projekt nutzt diese Faszination als Motivation für naturkundliche Forschung in einer schulischen Arbeitsgemeinschaft. Mit einem altersgerechten Verfahren werden die bei der Blitztätigkeit entstehenden elektromagnetischen Signale von den Schülern ausgewertet – und das bald sogar vernetzt mit einer Gegenstation am anderen Ende der Welt: in Kapstadt. Beschäftigung mit Physik, die begeistert.
Der erste Preisträger 2014 des renommierten Wettbewerbs Energie für Bildung ist eine nach einem großen Naturwissenschaftler und Nobelpreisträger benannte Schule in der Pfalz: das Otto-Hahn-Gymnasium in Landau. Angeregt durch eine Präsentation im Kontext „Didaktik der Physik“ wurde hier im Sommer 2012 eine Arbeitsgemeinschaft gegründet, die sich der Beschäftigung mit „Sferics“ widmet. Dies sind elektromagnetische Signale, die bei Blitztätigkeit entstehen und sich zur Ionosphären- und Klimaforschung nutzen lassen.
Oberstudienrat Dr. Thomas Poth, Lehrer für Physik, Informatik und Sozialkunde, beschreibt das ebenso anspruchsvolle wie ungewöhnliche Vorhaben der Landauer „Sferiker“: „Mit einem selbst konstruierten Empfänger gehen die Mitglieder unserer Arbeitsgemeinschaft auf die Jagd nach einem speziellen Typ von Sferics, den sogenannten Tweeks. Voraus ging eine intensive Einführung in die physikalischen Grundlagen. So können die Schüler theoretisches Wissen in einer für sie sehr spannenden Weise praktisch umsetzen.“ Aus dieser Arbeit entstand kurz darauf ein Jugend-forscht-Beitrag, der im Februar 2012 den Regionalwettbewerb Jugend forscht (Südpfalz) gewann.
Davon angespornt, wurde das Sferics-Projekt weiterentwickelt. Ziel ist es in Landau eine Forschungsstation aufzubauen, die in ein weltumspannendes Blitzortungsnetzwerk integriert ist. Es wurde von Prof. Dr. Egon Wanke, Informatiker an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, ins Leben gerufen und umfasst bereits ca. 450 Stationen. „Mit etwas Glück gelingt uns sogar eine dauerhafte Kooperation mit der Deutschen Schule Kapstadt“, erläutert Dr. Poth. „Erzeugt ein Landauer Blitz ein niederfrequentes Signal, einen Whistler, so wird der dann am geomagnetischen Konjugationspunkt Kapstadt reflektiert.“
Die Blitzortungsstation „Landau OHG“ der mittlerweile aus elf Teilnehmern bestehenden Arbeitsgemeinschaft ist im Dachgeschoss der Schule untergebracht und seit Anfang 2013 permanent am Netz. Sie besteht aus zwei Sferics-Empfangs- und Analysegeräten. Unter anderem lassen sich so Dunkelfeldentladungen detektieren und Messergebnisse mit denen anderer Blitzforscher in Deutschland vergleichen. Im Mai 2013 errichtete die AG auf einer Wiese in den Weinbergen bei Landau - freundlicherweise von Hermann Nau aus Arzheim zur Verfügung gestellt - eine Holzhütte. Ihr Standort bietet noch bessere Voraussetzungen für die naturwissenschaftlichen Aufzeichnungen.
„Besonders freut uns, dass die Arbeitsgemeinschaft nicht nur ein kurzer Blitz gewesen ist, sondern sich langfristig etabliert hat“, unterstreicht Oberstudiendirektor Emil Straßner, einer der Mentoren des Projekts. „Durch Neuzugänge aus der Mittelstufe ist die Arbeitsgemeinschaft für die nächsten fünf Jahre personell gesichert. So können wir unsere Versuche und Aufgabenstellungen langfristig anlegen und werden sicherlich weitere Jugend-forscht-Beiträge daraus generieren. In diesem Jahr möchten wir zudem ein Blitzortungstreffen nach Landau holen, so dass sich die Schüler mit anderen begeisterten Sferikern austauschen können.“
Als pädagogische Ziele nennen Straßner und Poth neben der Erarbeitung physikalischer Grundlagen aus Elektrodynamik, Geophysik, Sonnenphysik und Wechselstromlehre vor allem das Erleben physikalischen Forschens in Gruppen sowie das Erlernen der naturwissenschaftlichen Kooperation mit weiteren (auch internationalen) Forschergruppen.
Die in Landau gelungene innovative Weiterentwicklung eines bekannten Ansatzes hat die Jury des Wettbewerbs Energie für Bildung beeindruckt. „Das Projekt überzeugt durch eine sehr interessante Aufbereitung eines Alltagsphänomens“, erklärt die Projektleiterin der GVS-Ausschreibung Angela Grether. „Hinzu kommt, dass die engagierten Teilnehmer der Landauer Arbeitsgemeinschaft weit über ihre Heimatregion hinausblicken und aktiv eine Vernetzung mit anderen Forschern anstreben. Wie blitzgescheit sie dabei vorgehen, zeigt sich auch darin, dass aus dieser AG mittlerweile bereits zwei Gewinner des Regionalwettbewerbs Jugend forscht hervorgegangen sind. Der mit unserem Wettbewerb verbundene Förderbeitrag fällt hier in der Pfalz zweifellos auf fruchtbaren Boden.“
Stolz auf „seine“ Forscher ist auch Landaus Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer: „Am Otto-Hahn-Gymnasium wird hervorragende naturwissenschaftliche Arbeit geleistet. Es erfüllt uns mit Respekt und Freude, dass die jungen Sferiker den Namen unserer Stadt in die Welt hinaustragen. Hier hat ein Geistesblitz Kreise gezogen.“
Energie für Bildung: Ein Wettbewerb trägt Früchte
Die Initiative Energie für Bildung ist ein wichtiger Teil des gesellschaftlichen Engagements der GVS und zielt auf die Nachwuchsförderung. Hintergrund sind der zunehmende Fachkräftemangel in naturwissenschaftlichen und technischen Berufen sowie die sinkenden Studierendenzahlen in diesen Fächern.
Mit dem Wettbewerb unter der Schirmherrschaft von Andreas Stoch, Minister für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg, möchte die GVS das Interesse an diesem Themenfeld wecken und verstärken. Neben der allgemeinen Förderung der MINT-Fächer geht es um die Unterstützung von Mädchen und Frauen in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Die prämierten Projekte haben damit auch eine Vorbildfunktion. Eine fachkundige Jury kommt jährlich zusammen und wählt die Preisträger aus.
Energie für Bildung wird in Baden-Württemberg bereits seit 2010 durchgeführt. Mit der Ausschreibung für 2014 wurden dann erstmals auch Projekte aus vier weiteren Bundesländern zur Teilnahme eingeladen: aus Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Teilnehmen können öffentliche und gemeinnützige Einrichtungen, die innovative pädagogische Kinder- und Jugendprojekte im Bereich Naturwissenschaft und Technik planen oder durchführen.
Die Bewerbungsunterlagen, alle Informationen zum Wettbewerb und die Preisträger seit 2010 sind auf auf der GVS-Website unter www.gvs-energiefuerbildung.de , auf Facebook unter www.facebook.com/EnergiefuerBildung oder auf Twitter unter https://twitter.com/#!/EFB_Initiative zu finden.